Klimaschutzkonzept Wertingen

Die Stadt Wertingen betrachtet den Klimaschutz seit mehr als 10 Jahren als wichtigen Baustein einer zukunftsfähigen Stadtentwicklung und hat in diesem Zeitraum bereits zahlreiche Maßnahmen und Projekte umgesetzt. Um den Themen Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und CO²-Einsparung bei den Zielsetzungen der zukünftigen Stadtentwicklung weiterhin ein hohes Gewicht zu verleihen, erstellte die Stadt Wertingen seit Herbst 2022 ein Klimaschutzkonzept für ihr Stadtgebiet. Damit soll dazu beigetragen werden, den Klimaschutz als Querschnittsaufgabe sowohl bei kommunalen Entscheidungen zu berücksichtigen als auch in der öffentlichen Wahrnehmung zu verfestigen.

Die Erstellung des Konzeptes wird durch das Förderprogramm „Klimaschutz in Kommunen“ im Klimaschutzprogramm Bayern 2050 des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz gefördert. Begleitet wird die Stadt Wertingen bei der Erstellung des Klimaschutzkonzepts durch die Forschungsgesellschaft für Energiewirtschaft mbH (FfE).

Ausgangssituation

Die Gestaltung der künftigen Energieversorgung ist zu einer Schlüsselaufgabe des 21. Jahrhunderts geworden. Die Knappheit fossiler Energieressourcen, eine weltweit erhöhte Energienachfrage und damit verbunden ein deutlich spürbarer Kostenanstieg machen ein Umdenken und Handeln unumgänglich. Der drohende Klimawandel stellt dabei die größte Herausforderung dar und ist unmittelbar mit den Fragen nach Energieeinsparung, Energieeffizienz und einer möglichst CO2-neutralen Energieerzeugung verbunden.

Wo steht Wertingen beim Klimaschutz?

Wie steht es eigentlich um den aktuellen Klimaschutz in Wertingen? Welchen Beitrag kann und muss Wertingen zur Erreichung der bayrischen Klimaschutzziele leisten?

Mit diesen und weiteren Fragestellungen beschäftigt sich das Klimaschutzkonzept.

Das Konzept beinhaltet eine umfassende Ist-Zustands-Analyse des Energieverbrauchs Wertingens für die Anwendungsarten Strom, Wärme und Mobilität. Auch die Anteile erneuerbarer Energien am Energieverbrauch werden betrachtet. Außerdem werden die Potenziale zur Energieeinsparung und Energieeffizienz sowie zum Ausbau erneuerbarer Energien untersucht. Als Ergebnis des Konzeptes werden die erforderlichen Maßnahmen für mehr Klimaschutz in Wertingen in einem Katalog zusammengefasst und deren Ziele und Umsetzungsnotwendigkeiten beschrieben. Diese werden am 30. November öffentlich vorgestellt. Vorab folgt ein kurzer Überblick über ein paar Ergebnisse.


Energie- und Treibhausgasbilanz aus den Berechnungen zum Klimaschutzkonzept

Vergleicht man die pro Kopf Emissionen der Stadt Wertingen mit dem bayrischen Durchschnitt, so fallen diese fast um das Dreifache höher aus. Der Hauptgrund hierfür ist vor allem der Verkehrs- und der stark fossil geprägte Wärmesektor. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ist sehr hoch, im Wärmesektor mit 10% sehr gering. Folglich wird gerade der Wärmesektor ein Bereich sein, der im Klimaschutzkonzept größere Betrachtung erfahren wird.

Insgesamt lag der Gesamtenergieverbrauch der Stadt Wertingen und ihrer Ortsteile im Jahr 2021 bei knapp 457 GWh. Hierbei entfällt

  • auf den Wirtschafts- und Verkehrssektor mit zusammen rund 80 % der größte Anteil,
  • gefolgt vom Sektor der privaten Haushalte mit rund 19 % und
  • 1 % auf die öffentlichen Einrichtungen.

Unterteilung des Energieverbrauchs auf die Anwendungsarten Strom, Wärme und den Kraftstoffverbrauch durch den Verkehrssektor:

  • Stromverbrauch: 47 GWh oder 10 %
  • Wärmeverbrauch: 251 GWh oder 55 %
  • Kraftstoffverbrauch (Mobilität): 160 GWh oder 35 %

Fast der gesamte Energieverbrauch im Sektor Mobilität ist auf den Benzin- und Dieselverbrauch zurückzuführen, wobei Diesel mit über 80 % eine zentrale Rolle zukommt. Der Stromverbrauch für Elektromobilität beträgt im Jahr 2021 0,1 % am gesamten Energieverbrauch des Mobilitätssektors.

Abbildung 3-7 zeigt die Ergebnisse der Treibhausgasbilanz nach Verbrauchssektoren für Wertingen. Es wird deutlich, dass die Emissionen aus dem Verkehrssektor und der Wirtschaft mit jeweils gut 40 % einen Großteil der Emissionen ausmachen. Auf die privaten Haushalte entfallen ca. 16 % der Emissionen, wohingegen die öffentlichen Einrichtungen rund 1 % der Emissionen verursachen.

Energieerzeugung aus Erneuerbaren Energien

In Abbildung 4-1 zeigt sich, dass von den 49 GWh erneuerbar erzeugtem Strom im Jahr 2021 rund drei Viertel auf Biomassenutzung in Biogasanlagen und gut 20 % auf die solare Stromerzeugung entfallen. Wasserkraftanlagen leisten einen geringen Teil von 1 % an der erneuerbaren Stromerzeugung, Windkraftanlagen zur Stromerzeugung sind bislang nicht vorhanden.

 

Bisherige Aktivitäten der Stadt

In Wertingen wurden in den vergangenen Jahren bereits mehrere Projekte zum Schutz des Klimas und der Umwelt begonnen oder umgesetzt. Zudem existieren Netzwerke sozialer und bürgerschaftlicher Akteure, die bereits wertvolle Beiträge und Aktionen in den Themenfeldern Umwelt-, Natur- und Klimaschutz geleistet haben. Diese sind im Folgenden exemplarisch aufgelistet.

Handlungsfeld Verkehr

  • Arbeitskreis Verkehr
  • E-Mobilitätskonzept
  • Realisierung einer Carsharing-Station vor dem Rathaus
  • Ausbau der Busverbindungen im ÖPNV
  • Beauftragung eines Verkehrskonzepts (Büro MODUS Consult, Ulm) mit Durchführung einer Bürgerbefragung und Entwicklung verkehrsplanerischer Maßnahmen

Handlungsfeld Bau und Planung

  • Realisierung eines Erweiterungsbaus für die Mittelschule im Passivhaus-Standard
  • Neubau des Kindergartens Gänseblümchen als Solar-Aktiv-Haus
  • Installation einer PV-Anlage auf den Dächern der Stadthalle, des Kinderhauses Gänseblümchen und der Mittelschule (in Planung)
  • Vollständige Umrüstung der städtischen Straßenbeleuchtung auf LED-Leuchten
  • Erlass von Vorgaben bzgl. der Versiegelung von Flächen und des Rückhalts von Oberflächenwasser bei der Bescheidung von Bauanträgen
  • Vorgaben bei Flachdächern in der Bauleitplanung Dachbegrünung, Photovoltaik oder Solarthermie

Handlungsfeld Energieeffizienz und erneuerbare Energien

  • Regelmäßige Durchführung kostenloser Energieberatungstage für private Immobilienbesitzer und Bauherrn durch Energieberatung Grenz
  • Durchführung einer Energieeffizienz-Analyse der städtischen Trinkwasserversorgung
  • Teilnahme der Stadt Wertingen an der Sonnenkampagne des Landkreises Dillingen
  • Förderung der Neuanschaffung von Kleinphotovoltaikanlagen der Bürger durch die Stadt Wertingen (25% des Anschaffungspreises bis max. 500 € Fördersumme, Mindestleistung 100 Wp)
  • Beheizung des Seniorenzentrums St. Klara sowie der Mittelschule Wertingen durch das Hackschnitzelwerk des Landkreises Dillingen

Öffentliche Vorstellung des Klimaschutzkonzeptes: 30. November 2023

Man sollte versuchen, die gute Stimmung aller Beteiligten in die Zukunft zu tragen, appellierte die Wirtschaftsförderin der Stadt Wertingen, Alexandra Killisperger. Sie und ihre Mitstreiter informierten in der Wertinger Stadthalle über die Ergebnisse von einem Jahr Projektarbeit in Sachen „Klimaschutz für Wertingen“. Das Konzept wurde durch den Akteurskreis, zusammengesetzt aus Bürgern, Unternehmern, Lokalpolitikern und Stadtverwaltung erarbeitet. Begleitet wurden sie von Mitarbeitern der Forschungsgesellschaft für Energiewirtschaft mbH (FfE) aus München. Das Konzept ist auf Wertingen für einen Zeitraum von 2021 bis 2040 sowie auf die zukünftige Stadtentwicklung abgestimmt, sagte Bürgermeister Lehmeier. „Es soll uns als Planungsinstrument für eine zukünftig nachhaltige Energieversorgung und lokale Maßnahmen für den Klimaschutz dienen“, so das Stadtoberhaupt. Weiter ist man bei Entscheidungen auf die Mitarbeit der Bürger angewiesen: „Allen, die sich zukünftig in diesen Prozess einbringen möchten, heute schon vielen Dank.“ In Sachen Mobilität und Energie bezuschusst die Stadt laut Lehmeier bereits seit knapp vier Jahren den Erwerb von Photovoltaikanlagen sowie ganz neu auch E-Lastenfahrräder. Es gibt bereits Ladestationen für E-Bikes sowie Elektro- und Hybridfahrzeuge. Außerdem hat sich in der Stadt die Möglichkeit des sogenannten Carsharings (sich ein Auto teilen) etabliert, um sich das Zweit- oder Drittauto zu sparen.

Die Vorstellung des Klimaschutzkonzeptes übernahm die FfE. Im Vortrag wurde der Bogen von der ersten Wahrnehmung von Klimaveränderungen im Jahr 1895 bis hin zum Ziel der bayerischen Klimaneutralität im Jahr 2040 gespannt. Um die bayrischen Klimaschutzziele zu erreichen, muss Wertingen die energiebedingten Treibhausgasemissionen bis 2040 im Vergleich zu 2021 um 95 % reduzieren. Für die verbleibenden und unvermeidbaren 5 % Restemissionen sind voraussichtlich Kompensationsmaßnahmen notwendig, um eine vollständige Treibhausgasneutralität zu erreichen. Wie auch für Bayern und gesamt Deutschland sind die damit verbundenen Zielvorgaben für Wertingen herausfordernd: bis ins Jahr 2040 würde das insgesamt mehr als 3 700 PV-Dachanlagen (10kW) im Stadtgebiet, zehn Windkraftanlagen, mehr als 1 600 Wärmepumpen und etliche Sanierungen bedeuten. Die Fachleute von der FfE betonten, dass dies ein möglicher Zielpfad für Wertingen sei, der Suffizienzmaßnahmen noch nicht berücksichtigt. Tatsächlich gehe es darum, Schritt für Schritt, flankiert durch größere Projekte und durch die Vernetzung von Akteuren auf unterschiedlichen Ebenen die Themen „Klimaschutz und Nachhaltigkeit“ in Wertingen zu verfestigen und voranzutreiben. Über das letzte Jahr wurden bereits durch den Akteurskreis und die FfE über dreißig Maßnahmen zum Klimaschutz in den Bereichen Energieerzeugung, Energieeffizienz und Umwelt- und Ressourcenschutzes in Wertingen erarbeitet. Lehmeier äußerte sich dazu: „Die Arbeit der vergangenen Monate war ein erster Aufschlag, jetzt geht es in die Praxis. Die Verwaltung, aber auch interessierte Bürger, müssen sich mit dem Konzept beschäftigen und die Theorie in die Praxis bringen.“ 

Im Anschluss an die Konzeptvorstellung fand eine kleine Nachhaltigkeitsmesse statt, auf der sich lokal tätige Unternehmen mit ihren Beiträgen zum Klimaschutz präsentierten. Den Abend begleiteten thematisch passend neben dem seit acht Jahren existierenden Bioladen „Natur Pur“ zum Thema Ernährung auch die ortsansässige Gärtnerei Reiter, die Tipps zur klimaangepassten Gartengestaltung gab. Dass bei Natur Pur auch unverpackte Lebensmittel sowie Seifen, Wasch- und Putzmittel zu kaufen sind, ist ein weiteres Alleinstellungsmerkmal in Wertingen, versicherte die Inhaberin Marga Feistle. „Außerdem setzen wir verstärkt auf Regionalität aus der unmittelbaren Umgebung von Wertingen.“ In Sachen alternatives Mobilitätsangebot informierte die swa mit ihrem Carsharing-Angebot sowie der Jungunternehmer Dominik Trawnitschek. In seinem Laden E-Ride verkauft er nicht nur Elektroroller, sogenannte E-Scooter sowie für ältere Mitbürger Kabinenroller, sondern punktet auch mit Reparaturen und Service in eigener Werkstatt rund um die elektrisch betriebenen Fahrzeuge. Firmeninhaber Ulrich Reitenberger von der gleichnamigen Bau GmbH zeigte Beispiele wie energieeffizientes und klimaangepasstes Bauen und Wohnen möglich ist. Vom international agierenden Unternehmen GP Joule, dem in Buttenwiesen ansässigen Energieversorger für Strom, Wasserstoff, Wärme und Elektromobilität aus erneuerbaren Quellen, sprach Robert Giemsa als Leiter für Projektkommunikation über ein ehrgeiziges Vorhaben, welches im Frühjahr 2024 startet: „Dann beginnen wir mit dem Planungsverfahren für eine große Freiflächen-PV-Anlage im Wertinger Norden.“ Auch die LEW sind Energieversorger und Verteilnetzbetreiber in der Region. Sie waren mit ihren Experten in der Wertinger Stadthalle vertreten und informierten über die nachhaltigen Aktivitäten des Unternehmens: über den Ausbau von Ladeinfrastruktur für E-Mobilität und Integration von erneuerbaren Energieanlagen. Derzeit baue man ein „Green Data Center“ in Augsburg. Das zwei Megawatt starke Rechenzentrum werde überregional agieren und dabei einen bis zu 80 Prozent geringeren Energieverbrauch aufweisen als herkömmliche Zentren dieser Art.

Umsetzung des Klimaschutzkonzeptes

Im Anschluss an die Erstellung des Klimaschutzkonzeptes wurde dieses in der Sitzung am 13. Dezember dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorgelegt und die Umsetzung der Maßnahmen angeschoben.

(Foto: pixabay)

Vielen Dank noch einmal von Seiten der Stadt an alle, die sich Zeit genommen haben, dieses wichtige Thema für die Stadt Wertingen mitzugestalten!

Termine:

  1. Workshop Akteurskreis: 3. November 2022
  2. Workshop Akteurskreis: 17. Januar 2023
  3. Online-Workshop Akteurskreis: 30. März 2023
  4. Bürgerworkshop: 4. Mai 2023
  5. Workshop Akteurskreis: 6. Juli 2023
  6. Öffentliche Vorstellung des Klimaschutzkonzeptes: 30. November 2023

Ansprechpartner:

Alexandra Killisperger
Telefon: 08272 84 199
alexandra.killisperger@vg-wertingen.de

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