Nach Schlaganfall oder Hirnblutung wieder zurück ins Leben

Nach Schlaganfall oder Hirnblutung wieder zurück ins Leben

Ein Mann im besten Alter, 70 Jahre alt, fit und fest im Leben stehend, erleidet eine Hirnblutung. Die Folge: Rollstuhl, kognitive Defizite und veränderte Wesenszüge bis hin zur Aggressivität. Was ihm auch abhanden gekommen war, war sein Schluckvermögen.

Das ist nur ein Fall von vielen, die die „Therapeuten der Fachrichtung Logopädie“, Jan Waschke und Elke Sapper, im Wertinger Krankenhaus betreuen. Genauer gesagt, in der Abteilung Akutgeriatrie von Chefärztin Dr. Martina Brielmaier. Denn eine unserer wichtigsten Eigenschaften, um sich als Mensch darstellen zu können, ist sicher unser Sprach-, Stimm- und Schluckvermögen. Ist das gestört, sei es durch Unfall, Krankheit wie Schlaganfall oder gar Hirnblutung sowie durch andere Gründe, fehlen uns Menschen entscheidende und lebensbejahende Möglichkeiten. Oft sind auch die Schluckreflexe stark eingeschränkt, was ebenfalls einschneidende Folgen für jeden Betroffenen hat. Hierzu äußert sich Dr. Stephan Gierer, Facharzt für Neurologie, Akupunktur und Schlafmedizin mit eigener neurologischer Gemeinschaftspraxis in Dillingen. Gierer ist auch Konsiliararzt der Kreiskliniken Dillingen-Wertingen und erklärt: „Schluckstörungen im fortgeschrittenen Alter sind häufig und werden nicht selten übersehen, das kann fatal sein, da sich durch das „Verschlucken“ von Speisen oder Flüssigkeiten gefährliche Lungenentzündungen bilden.“ Bevor also die passenden Behandlungen erfolgen, müsse zuerst eine sorgfältige Überprüfung der Ursachen erfolgen, zum Beispiel, ob tatsächlich die Folgen eines Schlaganfalls vorliegen? „Es kann nämlich auch bei anderen Erkrankungen des Gehirns zu Schluckstörungen kommen.“ Als ein Beispiel nennt der Neurologe Morbus Parkinson, was üblicherweise mit Unbeweglichkeit und Zittern verbunden ist. „Seltene Ursachen wie Entzündungen des Nervensystems, eine sogenannte Myasthenie, müssen durch spezielle neurologische Untersuchungen ebenfalls ausgeschlossen werden, erst dann kann eine Therapie mit Übungen durch die Logopädie und Sprachtherapie, unterstützt durch medikamentöse Maßnahmen, erfolgen.“ Hier kommen – neben anderen Behandlungsmethoden – der Logopäde Jan Waschke und Sprachtherapeutin Elke Sapper zum Zug. Für Logopäden bedarf es einer anspruchsvollen dreijährigen Ausbildung mit zusätzlichen Praktikumszeiten in Rehakliniken oder anderen Praxen. Elke Sapper hingegen hat ein 5-jähriges Bachelor-/Masterstudium zur akademischen Sprachtherapeutin abgeschlossen. Beide haben eine eigene Praxis, Waschke seit 2005 in Höchstädt, Sapper nach einer vorangegangenen Anstellung seit 2021 in Wertingen. Jetzt betreuen sie mit ihrem Wissen und ihren Erfahrungen in der Abteilung Akutgeriatrie auch die dortigen PatientInnen. Sie betreuen die Betroffenen im Wechsel. Zum oben erwähnten Fall sagen sie: „Der 70-jährige Mann war nach Aussagen der Angehörigen zuvor fit, aber nach dem Vorfall in allen Funktionen stark eingeschränkt.“ Er saß im Rollstuhl, hatte nicht nur kognitive Defizite, sondern veränderte auch sein Wesen, sei sogar aggressiv geworden. „Er konnte nur noch passierte Kost zu sich nehmen, denn er war nicht imstande, feste Nahrung zu schlucken.“ Speisebreireste im Mund führen jedoch zum Verschlucken und bergen dadurch die Gefahr einer Lungenentzündung. Gerade bei älteren Menschen mit schwächerem Immunsystem könne dies gefährlich werden, stimmen die beiden mit dem Neurologen überein. Denn beim normalen Schluckreflex schließt sich die Luftröhre und die Speiseröhre öffnet sich. Ist der Mechanismus gestört, hat der Patient beschriebene Probleme. „Bei unserem erwähnten Patienten waren die Schluckübungen auch deshalb nicht einfach, weil er ebenfalls geistig inhaltliche Defizite hatte.“ Sapper gab während einer der üblichen Halbstundenbehandlung dem 70-jährigen Kartoffelbrei zu essen, um das Schlucken zu üben: „Der Mann konnte trotz großer Kraftanstrengung den Schluckreflex nicht auslösen.“ Erst durch verschiedene Stimulationstechniken habe sie das Schlucken schließlich einleiten können. Der Patient musste das Schlucken neu lernen. Und das kann gelingen, wenn bestimmte Übungen wiederholt werden. „Es gibt spezielle Vorgaben, um die Zunge und die Lippen wieder aufeinander abzustimmen.“ Bei den Schluckübungen kommt ebenfalls die Zunge ins Spiel, zum Beispiel diese mit den Zähnen vorsichtig an der Spitze fassen und dann den Speichel zu schlucken, ohne die Zunge loszulassen. Selbst ohne Handicap keine so einfache Übung. Und so gibt es einige gute Beispiele, um den Schluckreflex zu stimulieren, die Stimme zu kräftigen oder das Sprechen wiederzuerlangen – für eine lebensbejahende Zukunft auch im Alter.

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